Der Customer Journey Owner
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Eine gute Customer Experience zu liefern, die den Kunden in seiner Situation abholt und ihm die Journey so einfach wie möglich macht, klingt einfach, ist es aber nur, wenn alle Einheiten und Beteiligten im Unternahmen gemäß der Service Strategie zusammenarbeiten. Andernfalls wird der Kunde das mit großer Wahrscheinlichkeit spüren.
Digitaler Service im 21. Jahrhundert
Vor kurzem habe ich eine überraschende und gänzlich neue Erfahrung gemacht: Mein Zugbetreiber hat mir bei einem Problem geholfen. Ich weiß, was Sie jetzt denken: Angesichts der Probleme in bestimmten Teilen des öffentlichen Transportnetzes ist ein Lob für den Bahnverkehr ziemlich ungewöhnlich. Aber das war nicht ausschlaggebend dafür, dass es mir im Besonderen aufgefallen ist. Was mich so angenehm überrascht hat, war, dass sie mir auch auf digitalem Weg geholfen haben.
Seit Anfang des Jahrzehnts erobern mobile Anwendungen unsere Welt, aber bis vor kurzem war meine Erfahrung mit ihnen zwiegespalten. Wenn man etwas kaufen, buchen oder recherchieren will, dann kann die Kundenerfahrung durchaus makellos sein. Wenn man jedoch etwas braucht, das nicht den von der Organisation festgelegten Regeln entspricht, ist man schnell auf sich allein gestellt. Wehe dem Kunden, der ein Problem oder gar eine Beschwerde hat!
Die Qual der Multichannel
Bei vielen digitalen Anwendungen ist der angebotene Kundenservice zurzeit noch unausgereift. Kunden müssen auf alternative Kanäle zurückgreifen, um Anfragen zu stellen, Probleme zu lösen oder etwas anderes zu tun als das konkrete Angebot in Anspruch zu nehmen. Das ist oft mühsam, langwierig und zeitaufwändig - und lässt sie ziemlich zynisch werden, wenn es um die Multichannel-Ambitionen von Unternehmen geht.

Mit der Zeit ist diese Erfahrung leider alltäglich und nahezu selbstverständlich geworden. Meine Frau stehe oftmals tief beeindruckt neben mir, wenn sie erlebt, wie ich schon wieder über mehrere Kanäle mit Unternehmen interagieren und dabei neben Kundennummer, Kundenpasswort, Telefonnummer, Kartennummer, Geburtsdatum umd Adresse vor allem Geduld mitbringen muss . Sie wäre längst an die Decke gegangen. Und damit wäre sie nicht die Einzige. Die digitale Akzeptanz neuer Kanäle haben wir von Gobeyond Partners in einem Whitepaper bereits ausführlich thematisiert.
Die durchdachte Kundenreise begeistert
Aber jetzt war da ein Dienstleistungsunternehmen, das mir bei einem Problem über seine App half. Es war immer noch etwas umständlich und mühsam, aber es hat funktioniert. 24 Stunden später habe ich die geforderte Rückerstattung erhalten und damit nur ein paar Minuten meines Lebens verschwendet. Das ist eine so große Verbesserung gegenüber früheren Erfahrungen, dass ich es hier schriftlich festhalten musste - ein echter Fortschritt in der Service-Entwicklung.
Irgendjemand hatte sich die Zeit genommen, über die Customer Journey eines Kunden – in dem Fall über meine eigene Kundenreise – nachzudenken und in sein Projekt aufzunehmen. Er oder Sie hat sich Gedanken darüber gemacht, was schief gehen könnte und wie man das Problem lösen kann. Und siehe da: Es funktioniert und begeistert.
Konfrontation mit den wahren Problemen
Wenn die "einfachen Erfolge" bei der Optimierung der Kundenschnittstelle erschöpft sind, muss man sich mit dem wahren Grund für die ständige Frustration der Kunden auseinandersetzen. Ihre eigentliche Reise versagt. Den augenscheinlichen End-to-End-Lösungen mit schlecht konzipierten Prozessen, Technologien und Personalstrukturen, die den Anforderungen kaum gewachsen sind, kann man nur ein zaghaftes Bemühen anrechnen.
Das ist leider oftmals die Realität: Die Kanäle sind nicht miteinander verbunden und können daher auch nicht miteinander kommunizieren. Niemand denkt darüber nach, was passiert, wenn doch mal etwas schiefläuft. Wenige entwerfen eine alternative Lösung oder versuchen, das Problem von vornherein zu vermeiden. Die meisten großartigen Kundenerlebnisse werden nicht wegen sondern trotz der Art und Weise erreicht wie Unternehmen ihren Kundenservice aufbauen.
Die besondere Rolle des Kundenfeedbacks
Die Dinge ändern sich endlich. Die Customer Journey-Bewegung und die digitale Bewegung haben einen gemeinsamen Nenner gefunden, an dem ihre Ziele und – was noch wichtiger ist – ihre Budgets aufeinander abgestimmt sind. Die Unternehmen fangen an, dem Kundenfeedback auf eine neue Art und Weise zuzuhören und suchen nicht mehr nach oberflächlichen Lösungen. Sie analysieren die wirklichen Ursachen für eine schlechte Customer Journey und versuchen sie zu verstehen.
Diese Ursachen sind oft schwer zu beheben: betriebliche Kapazitäten, uneinheitliche Technologie, widersprüchliche Unternehmensziele, Unternehmenskultur. Die Lösung dieser Probleme erweist sich jedoch als ein echter Wandel, da sie nicht nur ein Katalysator für Veränderungen ist, sondern auch Hoffnung und Begeisterung innerhalb der Organisation weckt und die Interaktion mit dem Kunden tatsächlich besser macht.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit
Das Geheimnis dieser Revolution ist die Zusammenarbeit. Als Unternehmensberater, der mit Kunden aus dem gesamten Dienstleistungssektor zusammenarbeitet, bin ich immer wieder erstaunt, wie unzureichend Organisationen funktionsübergreifend arbeiten. Widersprüchliche Ziele, fehlende End-to-End-Verantwortung, isolierte Entscheidungsfindung und ein verfälschter Blick auf das große Ganze aus einer kundenorientierten End-to-End-Perspektive sind die Hauptursachen für eine schlechte Customer Journey. Die Lösung klingt einfach: Machen Sie die Customer Journey für alle sichtbar und wichtig. Der schwierige Teil besteht darin, diese im Anschluss nahtlos zum Laufen zu bringen.
Im Mittelpunkt der Lösung stehen Gruppen aus dem gesamten Unternehmen, die am gleichen Strang ziehen müssen, um den richtigen Daten- und Informationsaustausch sicherzustellen: Mitarbeiter mit Kundenkontakt, die mit den Bereichen Betrieb, Compliance, Produktdesign, Risiko, Technologie und all den anderen Funktionen zusammenarbeiten. Sie sind essenziell dafür verantwortlich, dass alles ganzheitlich und über alle Kanäle hinweg funktioniert. Die Macht dieser interdisziplinären Teams darf nicht unterschätzt werden.

Die Herausforderung für das Unternehmen besteht darin, ihnen die erforderlichen Werkzeuge und Fähigkeiten an die Hand zu geben und die Hindernisse für die Zusammenarbeit – die widersprüchlichen Ziele und lokalen Eigeninteressen – zu beseitigen.
Meiner Erfahrung und Überzeugung nach will fast jeder, wenn man ihm denn die Möglichkeiten dazu gibt, instinktiv zusammenarbeiten, um die Gegebenheiten für den Kunden zu verbessern.
Jede Customer Journey braucht einen Journey Owner
Ironischerweise liegt der Schlüssel zu einer schnellen und effektiven Zusammenarbeit bei einer Person – oder zumindest bei einer Rolle. Es ist ganz einfach: Eine Customer Journey, die funktionale Grenzen innerhalb eines Unternehmens überschreitet, kann nicht nahtlos funktionieren, wenn nicht jemand für die Gestaltung, das Management und die Verbesserung von End-to-End-Prozessen verantwortlich ist. Ohne Eigenverantwortung wird selbst ein gut gemeintes Projekt zur Neugestaltung einer Customer Journey letztlich durch die widersprüchlichen Anforderungen des laufenden Geschäftswandels verraten.
Für den Erfolg ist die Auswahl der richtigen Person ausschlaggebend. Journey Ownership impliziert selten ein hierarchisches Management; ein Journey Owner wird unweigerlich außergewöhnliche Fähigkeiten im Stakeholder-Management benötigen, um sich in den politischen Gewässern der verschiedenen Teile der Organisation, die den Service für den Kunden erbringen, zurechtzufinden. Echte Autorität, Sichtbarkeit und Kundenorientierung sind die wichtigsten Eigenschaften eines effektiven Journey Owners.
Die Kultur ist ausschlaggebend
Letztendlich geht es bei einer großartigen Kundenerfahrung also um Kultur. Es geht nicht so sehr um glücklich lächelnde Kundendienstmitarbeiter oder gut gestaltete Apps, auch wenn diese nicht schaden können. Es geht darum, dass jeder das Gefühl hat, dass er Freiheiten hat und von einem Team von unterstützenden Kollegen umgeben ist, deren Hauptzweck darin besteht, dem Kunden das Leben zu erleichtern. Gibt man diesem Personenkreis einen Einblick in die wirkliche Reise des Kunden und stellt man ihnen jemanden zur Seite, der den Wandel vorantreibt, werden Sie sehen, wie sie in ihrer Aufgabe aufgehen.
Ich bin überzeugt, dass Erfolg durch ein starkes Engagement mit Menschen auf allen Ebenen entsteht. Egal ob Omnichannel Design, Automatisierung oder ganzheitliche Customer Journeys: Wenn Sie sich mit mir ganz individuell über Ihr Unternehmen austauschen wollen, kontaktieren Sie mich gerne über LinkedIn oder ludger.strom@gobeyondpartners.com